Am nächsten Tag kam ich erst abends auf den Hof. Mittlerweile hatte die Sonne die letzten Pfützen verdunsten lassen. Dafür, dass es Ende März war, konnte die Sonne über den Tag schon ganz schön warm werden. Heute konnte man im T-Shirt unterwegs sein. Im Stall aber war Flos Box leer. Auch Maja war, wie so oft, nicht da. Ich dachte mir, Flo wäre auf der Koppel, das Problem war, ich wusste nicht wo. Also lief ich nach draußen über den Hof und sah zum Glück gerade Torben aus dem Reiterstüble laufen. Er erklärte mir kurz, wo ich hinmusste. "Ach, und wenn du schon dabei bist, kannst du Maja auch mitbringen.", bat er mich. Ich nickte und lief los. Unterwegs nahm ich mir noch ein paar Leckerlies mit. Hinter dem letzten Stallkomplex führte ein schmaler Pfad auf die dahinterliegenden Wiesen. Die Koppel der Schulpferde lag relativ nah am Hof. Flo und Maja grasten friedlich im Schatten der Bäume. Ich pfiff kurz durch die Zähne, sofort schossen beide Köpfe in die Höhe. Ich wurde kauend beäugt. Als ich die Koppel betrat, wurde ich jedoch wieder ignoriert. Ich hob Halfter und Strick auf, welche im Gras am Eingang der Koppel lagen, und stapfte zuerst Richtung Flo. "Zu gnädig, dass du mich herlaufen lässt. Wenigstens rennst du nicht weg.", meinte ich, während ich Flos Kopf weg vom Gras zog und sie halfterte. Danach zog ich sie hinter mir her zu Maja, die ich nach dem halftern mit Flo von der Koppel führte. Auf dem Weg zurück zum Hof stupste Flo mir die ganze Zeit von hinten in den Rücken, genervt gab ich ihr irgendwann das heiß ersehnte Leckerli, worauf natürlich auch Maja eines erwartete. Zurück im Stall brachte ich Maja zurück in die Box, Flo band ich in der Gasse an. Ich kontrollierte kurz Majas Hufe, ob sich auch kein Stein eingekeilt hatte, dann widmete ich mich Flo. Putzen und Satteln, aufsitzen und ab zum großen Außenreitplatz. Noch war es hell genug, um draußen zu bleiben. Ich ließ Flo einige Runden auf dem Platz zum Warmlaufen drehen, dann gurtete ich nach und ließ sie antraben. Flo schien heute etwas arbeitsfaul, ich musste sie ziemlich vorwärtstreiben. Nach einem Handwechsel treibte ich sie noch mehr voran, bis sie ein gutes Arbeitstempo hatte. Ich übte, ihr Tempo kontrollieren zu können, verlangsamen und verschnellern. Dasselbe schließlich im Galopp. Flo war mittlerweile komplett bei der Sache, befolgte meine Kommandos und reagierte auf Paraden. Ich ließ sie an der nächsten langen Seite ein Viereck verkleinern und vergrößern. Schenkelweichen Richtung Bahnmitte, dann gerade richten, und wieder Schenkelweichen Richtung Hufschlag. Schließlich übte ich mit ihr die Trab-Galopp-Übergänge, damit sie losgelassener lief. Immer wieder, Trab, Galopp, Trab. Auf einmal - ich merkte erst nicht was los war - scheute Flo und brach nach rechts aus. Ich hatte nicht damit gerechnet und hielt mich erst am Sattel fest, bis ich mein Gleichgewicht wiedergefunden hatte, dann versuchte ich Flo anzuhalten. "Was denn.?", murmelte ich und beugte mich vor, streichelte Flo beruhigend am Hals. Ich drehte mich kurz um und sah gerade noch eine gescheckte Katze im Gebüsch verschwinden. "Du kleiner Feigling.", schmunzelte ich und trieb Flo wieder voran. An der Stelle, an der sie sich eben erschrocken hatte, ging sie nur misstrauisch vorbei, also blieb ich mit ihr stehen, bis sie merkte, dass nichts passierte und lobte sie. Schließlich konnte ich wieder antraben und ritt noch einige Volten und Schlangenlinien, damit auch das Biegen und Stellen nicht zu kurz kam. Zum Schluss ließ ich sie nochmal kräftig im Galopp laufen, dann Leichttrab mit langen Zügeln, bis Flo von allein in den Schritt zurückfiel und ich sie trocken reiten konnte. Mittlerweile war es schon etwas dämmrig geworden und ich ritt mit Flo zurück zum Stall. Nachdem ich abgestiegen war, sattelte ich ab, räumte alles weg, rieb sie ab und kratzte die Hufe aus. Mit einer Möhre entließ ich sie in ihre Box. Maja hob ihren Kopf nebenan aus ihrer Box heraus und kaute auf ihrem Heu herum. Ich streichelte sie ein wenig, dann fegte ich die Gasse und verließ die beiden mit einem Leckerli. Auf dem Weg zur Bushaltestelle sah ich wieder die gescheckte Katze, die mich von einer Holzkiste aus beobachtete. Bei ihrem Anblick musste ich mich an Flos Schreck vorhin erinnern und schmunzeln. "Mein kleiner Feigling."