Auch heute war ich wieder zu Besuch bei meinem Liebling Sanjo. Gestern hatten wir ja bereits etwas gearbeitet und so wollte ich ihn heute nur etwas longieren, denn Abwechslung fand ich wichtig. Auf dem Hof angekommen traf ich ersteinmal Jill, sie erzählte mir freudig, dass Kiki ihr Pflegepferd abgegeben hatte und darüber nachdachte hier mit der Arbeit zu beginnen und sich dann ein eigenes Pferd zuzulegen. Ich freute mich für sie „Das ist ja toll!“. Ich überlegte auch seit Kurzem später einmal ein eigenes Pferd zu kaufen und fragte Jill wie es mit Arbeitsstellen auf dem Hof aussah. Sie strahlte mich an und sagte, dass es noch einige freie Stellen gab. Ich war begeistert, erwähnte aber auch, dass ich mich erst noch etwas einleben wollte. Jill war verständnisvoll, wir unterhielten uns noch kurz dann trennten sich unsere Wege.
Als ich in den Stall trat war ich etwas überrascht, denn normalerweise stand die Box neben Sanjo leer, doch als ich heute ankam stand ein Pferd darin, dass ich nicht kannte. Natürlich kannte ich noch nicht alle Pferde und ich war mir nicht sicher ob das Pferd neu war oder nur umgestellt worden war, denn ein Boxenschild gab es noch nicht. Sanjo jedenfalls, schien durchaus interessiert an seinem neuen Nachbarn. Ich halfterte ihn auf und band ihn am Putzplatz an. Sanjo schien heute etwas verändert, irgendwie aufgeregter und unruhiger als üblich. Ich dachte mir dass dies an seinem neuen Nachbarn liegen würde, und damit sollte ich, wie sich später herausstellte, nicht einmal so falsch liegen.
Beim Putzen stellte sich Sanjo heute wirklich an, er wiehrte trat auf der Stelle herum, stand keinen Augenblick still und die Hufe gab er auch nur unwillig her. Etwas demotiviert durch sein zickiges Verhalten holte ich seinen Longiergurt und den Kappzaum. Als ich nach einigem Ermahnen endlich alles an Sanjo befestigt hatte band ich ihn los, hakte die Longe ein und wir gingen zum Longierplatz – Soweit jedenfalls mein Plan, denn Sanjo machte keinerlei Anstalten sich vom Fleck zu bewegen. Auch nach einigen Ermahnungen wollte Sanjo nicht, ich ging schnell in die Sattelkammer und holte die Peitsche, die ich ohnehin zum Longieren benötigte und fast vergessen hätte. Ich ermahnte Sanjo und erhob die Peitsche ohne ihn zu berühren, und siehe da er bewegte sich.
Er machte es mir heute mit seinen Zickereien wirklich nicht einfach aber schließlich waren wir doch noch auf dem Longierzirkel angekommen. Ich schickte ihn nach außen und ließ ihn Schritt gehen, das Longieren schien ihm wenigstens etwas Spaß zu machen und so übten wir die Übergänge mit Stimmkommandos und fleißiges Arbeitstempo, sowie kleinere Lektionen und eine schöne Stellung. Im Galopp warf Sanjo seinen Kopf hoch und buckelte einige Male. Er hielt mich ganz schön auf Trab und deshalb bemerkte ich meinen Zuschauer gar nicht. Als Sanjo eine Pause bekam bemerkte ich dass jemand am Zaun stand. „Na da ist aber heute jemand ganz schön übermütig“, sagte der Fremde. „Er hält dich gut in Schach oder?“, fragte er. „Ja das stimmt.“, gab ich zu. „Wer bist du denn? Ich hab dich hier noch nie gesehen.“ Fragte ich. „Mein Name ist Benni“ sagte er „Ich bin noch ziemlich neu hier und arbeite als Stallbursche.“, erklärte er. „Soso“, sagte ich. Ich unterhielt mich noch einige Zeit mit ihm und beendete die Longenarbeit mit Sanjo. „Sagmal wie kommt es das du mit einem Hengst arbeitest?“ fragte Benni „Naja er ist mein Pflegepferd und normalerweise ziemlich ruhig, aber heute scheint er einen schlechten Tag zu haben“ ich grinste. „Sieht doch trotzdem ganz gut aus“ sagte er. Ich bedankte mich. „Darf ich dich begleiten?“ fragte Benni. „Klar kannst du das“ antwortete ich. Benni begleitete mich zurück zum Stall, dort angekommen versorgte ich zunächst Sanjo der sich immernoch sehr hengstig benahm. Benni grinste als mir Sanjo den Strick entriss. „Hey!“, sagte ich das ist nicht witzig, ja? Das macht er schon den ganzen Tag und ich weiß nicht warum.“ Benni schien das nur noch mehr zu erheitern. Als ich den Hengst endlich in seine Box geschoben hatte brauchte ich erstmal eine Pause.
Dann kam Jill herein: „Na alles klar bei euch? Ach Nina hast du Benni schon kennengelernt?“ fragte sie mich. Ich bejahte und beschwerte mich gleich dass heute gar nichts klappte. „Seltsam sonst kommst du doch gut mit ihm zurecht“ sagte Jill verwundert. Dann kam anscheinend die große Erleuchtung. „Sagmal Benni seit wann hat Sanjo denn einen Boxennachbarn.“ Fragte Jill neckisch. „Oh nein“ sagte Benni und lief sichtlich rot an. „Könnt ihr mich vielleicht mal aufklären?“, drängte ich. Dann erklärte mir Jill dass Benni ausversehen eine Stute neben Sanjo gestellt hatte. Benni war es sichtlich peinlich und er entschuldigte sich mindestens hundertmal.
„Na danke Benni, das hast du ja super hinbekommen“ lachte ich. Benni schien sichtlich erleichtert dass ich ihm nicht böse war. Auch Jill musste lachen: „Vielleicht bringst du Sanjos neue Freundin lieber in ihre eigentliche Box, sonst hat Nina die nächsten Tage einen noch zickigeren Hengst an ihrere Seite. Knallrot schnappte sich Benni ein Halfter und führte die Stute aus der Box. „Sorry nochmal“, entschuldigte er sich „Bist du böse?“, fragte er. „Nein“, sagte ich und lachte. „Sehen wir uns morgen?“, rief er uns nach „Bestimmt“ antwortete ich. „Und wehe morgen steht wieder eine Stute neben Sanjo, dann kannst du mit ihm arbeiten“ grinste ich.
Erschöpft ging ich mit Jill ins Reiterstübchen, erzählte ihr alles und trank einen warmen Tee mit ihr. Ein etwas anderer Tag war heute vergangen.