Meiner Wade ging es besser, ich konnte wieder einigermaßen anständig auftreten. Ich musste nur aufpassen, dass ich keine komischen Bewegungen machte. Also beschloss ich, heute wieder auf dem Hof vorbeizuschauen. Bonni freute sich tierisch, als sie merkte, wo wir hingingen. Schwanzwedelnd tobte sie um mich herum. Auch ich genoss es, das Haus wieder zu verlassen. Auf dem Hof angekommen winkte ich Anni und Linda zu, die mit Chekers und Sanjo. Ich ging zu ihnen hinüber: "Hallöchen.", grüßte ich die beiden. "Hey.", kam es von beiden fast gleichzeitig zurück. "Geht ihr gleich reiten.?", fragte ich. "Jep.", bestätigte Linda. "Nicht mehr mit Carlos unterwegs.?", fragte ich Anni, die Sanjo putzte. Sie schüttelte den Kopf: "Carlos hat jetzt eine Pflegerin, also braucht er nicht mehr so oft von uns bewegt werden. Sanjo dagegen nicht." "Cool.", meinte ich, "Geht ihr auf den Außenplatz.?" Anni nickte: "Jep, kannst ja nachkommen wenn du Lust hast." "Klar.", meinte ich, "Ich komm nach." Ich schlappte in den Stall hinein, um Maja zu holen. In Sanjos leerer Box sah ich Finn, der gerade ausmistete. Ich lehnte mich gegen die Boxenwand und beobachtete ihn. Bonni sprang ihn fröhlich von hinten an. "Heyy, du kleiner Fratz.", lachte Finn und streichelte sie. Dann sah er zu mir: "Na du Schnarchzapfen." "Ich war müde.!", wehrte ich mich lachend. "Jaaa, ich weiß.", er kam zu mir und legte seine Arme um mich, "Geht's dir besser.?" Ich nickte: "Klar." und gab ihm einen kurzen Kuss, "Ich geh jetzt zu Linda und Anni auf den Platz mit Maja." "Okay, mach das. Aber nicht wieder runterfallen.!", er grinste. "Ha.", ich verdrehte die Augen, "Ich werds versuchen." Ich ließ ihn weiterarbeiten und holte Maja aus ihrer Box. "Na, Süße.", ich band sie draußen an, "Wieder ein bisschen Zeit für uns beide." Sie schnupperte an meiner Jacke, ich steckte ihr schmunzelnd ein Leckerli zu und holte den Putzkasten aus der Sattelkammer. Als ich zurückkam hatte Maja ihren Kopf zu Bonni herabgesenkt. Die beiden standen ganz still und schnupperten aneinander. Dann stupste Maja Bonni an und sie sprang spielerisch kläffend um sie herum. Ich musste lachen: "Ihr seid mir zwei.", dann ging ich dazwischen und hielt Bonni fest, bis sie sich wieder beruhigt hatte. Danach ließ ich sie wieder laufen. Ich putzte und sattelte Maja, zwischendurch musste ich immer mal wieder an ihrem Strick rucken, weil sie wieder anfing, daran rumzuknabbern und zu ziehen. Als ich fertig war, rief ich Bonni zu mir und ging wieder in den Stall. Finn hatte mittlerweile die Box gewechselt und arbeitete nun in Chekers leerer Box. "Kannst du für mich kurz auf Bonni aufpassen.?", fragte ich ihn. Er nickte: "Ist mir ein Vergnüngen. Komm her Bonni.!", rief er mein kleines Fellknäuel zu sich. "Danke.", sagte ich zu ihm und kehrte zu Maja zurück, die mit dem Kopf wippte und versuchte, nach den Zügeln zu haschen. "Du und deine Mätzchen, dachte das wäre besser geworden.", murmelte ich und verdrehte die Augen. Ich ging zu ihr und streifte ihr die Zügel zum Führen über den Kopf, dann führte ich sie zum Außenplatz, auf dem Anni und Linda bereits am Arbeiten waren. Dort angekommen gurtete ich nach und wollte gerade aufsitzen, da bemerkte ich wieder diese zwei rumlungernden Jungs. Sie lehnten beide am Zaun und beobachteten Pferd und Reiter. Ab und zu tuschelten sie miteinander. Ich hoffte, die beiden würden sich benehmen. Ich hatte keine Lust, schon wieder vom Pferd zu fallen, nur weil die beiden irgendwelche Dummheiten im Kopf hatten und die Pferde verschreckten. Misstrauisch sah ich zu ihnen hinüber, während ich aufsaß. Maja wippte mit dem Kopf. "Lass das.", schimpfte ich und zog die Zügel ein wenig an. Dann trieb ich Maja auf den zweiten Hufschlag, damit Anni und Linda trotzdem noch in Ruhe reiten konnten. Ich beobachtete die Jungen nach wie vor. Neben mir parierte Anni mit Sanjo zu einer Schrittpause durch und beugte sich zu mir herüber: "Ganz ehrlich, die gehen mir auf die Nerven." "Hmm.", meinte ich, "Solange sie keinen Ärger machen." "Ich fühle mich beobachtet.", Anni warf den beiden einen genervten Blick zu, "Und das ist mir unangenehm." "Wir können sie ja bitten, wegzugehen.", schlug ich vor. "Ha.", lachte Anni, "Das kommt doch bescheuert. Lass sie meinetwegen..." Ich nickte, Anni trabte mit Sanjo wieder an. Auch ich trabte mit Maja nun an. Ich versuchte die beiden Jungs auszublenden, so gut es ging. Anni hatte ziemlich viel mit Sanjo zu tun, er war arbeitsfaul und zeigte das auch. Gemütlich schob er sich über den Platz, zeigte keine Eile und bummelte einfach rum. Nur Chekers hatte heute wieder richtig Spaß am Laufen und gab mit Linda ein gutes Bild ab. Ich schüttelte den Kopf und machte mich daran, Maja ihre Flausen aus dem Kopf zu treiben. Auch wenn ich lieber Western mit ihr geritten wäre, wollte ich heute Dressur reiten. Ihre Konzentrationsschwächen hatten wohl wieder zugenommen. Ich musste eindeutig mehr mit ihr trainieren. Ich nahm die Zügel kürzer und gab ihr Paraden, bis ich ihre Aufmerksamkeit hatte. Ich trieb sie auf den Hufschlag und ritt die Ecken voll aus. Ich richtete sie, dass sie sich schön bog und wieder gerade stellte. Dann ging ich auf den Zirkel und machte aus dem Zirkel einen Handwechsel. Ich ließ Maja angaloppieren, sie machte raumgreifende Schritte, ihre Ohren spielten, doch sie unterließ ihre Mätzchen. Und dann machte sie eine Vollbremse und brach nach rechts aus. "Sorry.", rief mir Linda zu, die mit Chekers nicht rechtzeitig hatte ausweichen können und mir frontal in den Weg geritten war. "Kein Ding.", antwortete ich und trabte wieder an. Von den Jungs hörte ich Gelächter. Ich versuchte es weiter zu ignorieren. Ich machte aus der Ecke kehrt und versuchte es mit einigen Volten. Majas Aufmerksamkeit war durch den kleinen Zwischenfall mit Chekers verflogen. Sie riss dauernd den Kopf nach unten und versuchte mir die Zügel aus der Hand zu ziehen, damit sie sie anknabbern konnte. Ich ärgerte mich und legte eine Schrittpause ein. Trotzdem trieb ich sie voran und hielt die Zügel straff. Ich versuchte sie mit Paraden und meiner Stimme zurückzugewinnen, doch sie hatte ganz andere Dinge im Kopf. Wieder fing sie an schräg zu laufen, weil sie durch das Rumwackeln mit dem Kopf nicht mehr auf den Weg achtete. "Ich weiß, dass du's kannst.", dachte ich und ließ nicht nach, bis Maja sich wieder für meine Hilfen interessierte. Ich trabte an und konzentrierte mich nur auf sie. Ich ritt eine große Volte und dann immer kleiner werdende. Ich machte oft Handwechsel und ritt wieder Volten. Maja war voll und ganz bei mir, passte auf, was als nächstes kam. Ich versuchte, Abwechslung reinzubringen. Ich ritt große und kleine Schlangenlinien mit unterschiedlicher Bögenanzahl, versuchte ein wenig Schulterherein, ließ sie halten und weiterlaufen, richtete sie rückwärts, machte Vorder- und Hinterhandwenden und immer wieder Handwechsel. Maja machte keine Faxen mehr, sie war zu sehr damit beschäftigt, was als nächstes kam. Ich war zufrieden und wollte mit einem positiven Ergebnis aufhören. Lobend klopfte ich ihr den Hals und trabte noch ein wenig leicht. Chekers und Sanjo hatten bereits mit dem Training aufgehört und wurden von Linda und Anni im Schritt trockengeritten. "Wird wieder.", meinte Linda zu mir, als ich neben den beiden durchparierte und im Schritt mitritt. "Naja, es war schon mal besser.", antwortete ich zerknirscht und ließ die Zügel länger. "Aber schau, jetzt lässt sie die Zügel in Ruhe.", merkte Anni an. "Sie ist ausgepowert.", gab ich zurück, "Dann lässt sie es meistens. Aber am Anfang von den Reitstunden muss ich meistens bei Null anfangen." "Oups.", sagte Linda, "Oke, das ist nicht so gut." Ich nickte nur: "Aber es wird schon werden." Nach einigen Minuten, als die Pferde trocken waren, stiegen wir ab und kehrten zum Stall zurück. Die Jungs folgten uns in einigem Abstand. Total unauffällig. Wir banden die Pferde draußen an und sattelten sie ab. Dann kratzten wir nochmal die Hufe aus und fuhren mit Bürsten grob über's Fell. Als wir fast fertig waren und die Pferde auf die Koppel bringen wollten, kam der eine der beiden Jungs näher. "Heyy.", rief er uns zu. "Hi.", antwortete ihm Anni. "Ich bin Tim. Das ist Andi.", stellte er sich und seinen Freund kurz vor. "Ich bin Anni.", stellte auch sie sich vor, "Das sind Linda und Ferry." "Heyy.", grüßten ich und Linda kurz. Ich mochte die beiden nach wie vor nicht sonderlich. "Gut geritten.", führte Tim das Gespräch mit Anni fort. "Ach, Quatsch.", meinte sie verlegen. "Doch, ich könnte sowas nicht.", lobte Tim weiter. "Schleimer.", flüsterte mir Linda ins Ohr und wir mussten grinsen. Andi hielt sich eher im Hintergrund. "Was macht ihr eigentlich so hier, reiten ja wohl nicht, oder.?", fragte Linda schließlich. "Nope.", antwortete ihr Tim, "Wir schauen lieber zu. Mädchensache." "Hmm, seh ich jetzt nicht so.", gab ich zurück. Er sah mich an: "Jedem seine Meinung." "Wohl der Typ Junge, der auch denkt, dass Frauen in die Küche gehören.?", raunte ich Linda zu und wir mussten wieder grinsen. "Wir sind Lehrlinge aus einer KFZ-Werkstatt hier ganz in der Nähe.", erklärte Andi, der nun zum ersten Mal was sagte. "Achso - also dann, wenn mein Pferd kaputt ist, melde ich mich.", witzelte Linda. Andi ging nicht weiter darauf ein. "Wir müssen dann auch schon wieder los.", meinte Tim schließlich, "Die Arbeit ruft.", er zwinkerte mir zu. In dem Moment kam Finn mit Bonni aus dem Stall und gesellte sich zu uns. "Heyy.", warf er den beiden Jungs zu, mehr hatte er nicht für sie übrig, dann kam er zu mir: "Nicht runtergefallen.?", er umarmte mich. "Nein.", lachte ich, "Nur fast." "Also, wir gehn dann.", hörte ich Tim noch sagen, doch rief ich nur ein "Tschüss", ohne mich nach ihnen umzusehen. Wir brachten die Pferde auf die Koppel, dann setzten wir uns noch zusammen ein wenig ins Reiterstübchen. "Ich glaube, Tim will was von dir.", meinte Linda dann ganz offen zu Anni. "Achwas.", Anni schaute verlegen grinsend in ihr Glas. "Mir egal, was alle glauben, solange ich weiß, dass du nur mich willst.", flüsterte mir Finn ins Ohr und gab mir einen Kuss.