Ich wachte auf. Komisch. Der Wecker hatte nicht geklingelt. Etwas anderes hatte mich geweckt. Jetzt war es wieder da. Das Geräusch kam von unten. Ein Klopfen. Nein, ein Hämmern. Aber gegen was? Gegen das Fenster? So hörte es sich aber nicht an. Es könnte gegen die Haustür sein. Ich stemmte mich aus dem Bett und machte mich auf die Suche nach meinem Morgenmantel aus Seide. Endlich fand ich ihn. Er lag im Bad. Nun ging ich hinunter und sah zur Haustür. Dort stand jemand in Reitsachen. Es war eine Frau Ende 20. Sie hatte blondes, ungefähr schulterlanges Haar und hieß Anja. Ich war ihr schon einmal begegnet. Wann war es noch gleich? Ich glaube es war am ersten Tag auf dem Hof. Der Tag an dem ich ankam. Und was hatte noch für einen Beruf? Stallmädchen? Nein, sie war etwas höheres. Aber Tierärztin war sie auch nicht. Jetzt weiß ich es wieder: Sie war Trainerin. Ich bat sie herein, schaltete die Kaffeemaschine ein und stellte eine Tasse daneben. "Hallo, hast du heute schon einmal auf die Uhr gesehen?", wies sie mich höflich darauf hin. Ich starrte auf die Wanduhr in der Küche. Es war schon zehn Uhr vormittags. Gleich darauf erstarrte ich. "Wenn du einen Kaffee willst, dann mach dir einfach einen." Schnell flitzte ich wieder nach oben in mein Schlafzimmer. Dort kramte ich irgendwelche Reitklamotten heraus und lief ins Bad. Hecktisch wusch ich mir das Gesicht, putzte die Zähne und holte eine der vielen Wimperntuschen aus meinem Kosmetikschrank. Fünf Minuten später war ich fertig angezogen und gewaschen. Fast hätte ich das Haare kämmen vergessen. Als ich wieder die Treppe hinunter ging, sah ich dass Anja die Tasse nicht angerührt hatte. Deshalb holte ich Milch aus dem Kühlschrank und stürzte den Kaffee hinunter. Nebenbei schmierte ich mir einige Brote, holte einige Karotten und Äpfel aus dem Kühlschrank und stopfte alles in meine Tasche, die ich fürs Reiten benutzte. Dann holte ich noch eine Wasserflasche und fertig war ich. Bei Anja bedankte ich mich noch, dass sie mich geweckt hatte. Danach ging ich in den Flur, um mir meine Reitstiefel anzuziehen, als mir einfiel, dass es heute kühler war und der Wind ging. Also lief ich wieder hoch und holte einen warmen Pulli. Als ich mir die Reitstiefel angezogen hatte und die Tasche umgehängt hatte traten Anja und ich nach drauoßen. Es war wirklich frisch. Gut dass ich noch schnell einen Pullover geholt hatte. Ich sperrte das Haus zu und ging zur Garage, um mein Fahrrad heraus zu holen. Gemeinsam fuhren Anja und ich zum Hof. Dort angekommen, trennten wir uns wieder und ich bedankte mich noch einmal. Es war sehr nett von ihr, dass sie mich geweckt hatte. Ich lief in den Stall. Carlos wartete geduldig wie immer auf mich. Wiehernd begrüßte er seine Pflegerin. Zur Begrüßung gab ich meinem Süßen eine Karotte. Dann führte ich ihn zum Putzstand. Ich putze ihn gründlich, aber auch schnell bis sein Fell vor Sauberkeit glänzte. Als ich fertig war, räumte ich den Putzkasten weg und ging zur Kammer, wo die Hindernisse aufbewahrt wurden. Heute wollte ich mit Carlos die Wendigkeit trainieren. Ich holte einige Slalomstangen und baute sie im Abstand von zwei Metern in der Freilufthalle auf. Das Praktische an der Freilufthalle war, dass man vor Regen, aber nicht vor Wind geschützt war. Heute wollte die Freilufthalle eh keiner nutzen. Als ich fertig war, ging ich zu Carlos zurück. Er wartete schon. In der Sattelkammer holte ich noch schnell sein Sattelzeug. Mittlerweile war darin geübt, ein großes Pferd aufzusatteln. Wie immer lies er geduldig alles über sich ergehen. Nun war ich fertig und führte ihn zur Freilufthalle. Als ich drinnen war, ging ich mit ihm auf die Stangen zu und lies ihn daran schnuppern. Langsam führte ich Carlos durch die Stangen. Das meisterte er schon recht gut. Ich ging einige Male mit ihm durch die Slalomstangen. Dann beschloss ich mal aufzusitzen und mit ihm durch zu reiten. Nur durch die Aufstieghilfe schaffte ich es wie immer auf ihn drauf zu kommen. Als Erstes ritt ich noch einige Runden in Schritt die ganze Bahn, bevor ich ihn wieder zu den Stangen trieb. Wie vorher ritt ich im Schritt mit ihm durch die Stangen. Dann konnte ich in den Trab gehen. Nicht, bevor ich die Stangen noch etwas weiter auseinander getan hatte. Ich hatte Glück, dass die Slalomstangen so lang waren. Sonst hätte ich jedes Mal wieder absteigen müssen. Im Trab war Carlos anfangs noch etwas unsicher, aber er meisterte es schon recht gut. Immer wieder ritt ich im gleichen Tempo mit ihm durch diese wenigen Stangen. Manchmal brachte er eine von ihnen zu wackeln, aber die Stange fiel nicht. Wieder ritt ich einige Bahnen im Trab und dann im Galopp. Als ich dachte, dass er so weit war, kam ich mit ihm wieder zu den Stangen und stellte sie noch weiter auseinander. Jetzt wollte ich es im leichten Galopp schaffen. Am Anfang war er ziemlich unsicher, aber Carlos wurde immer besser. Schließlich konnte er nicht mehr und wurde müde. Ich lies ihn noch einmal im Schritt durch die Stangen reiten und noch einige Runden aussen rum. Als Lob klopfte ich ihm den Hals. Schließlich hatte er ja ein Lob verdient. Nun war Carlos wieder trocken. Leider wurde es schon leicht dunkel und ich musste ihn ja wieder absatteln und versorgen. Schon bald stand er wieder frisch geputzt in seiner Box. Ich gab ihm noch neues Wasser und ein wenig Heu. Dann gab ich ihm eine Karotte und einen Apfel. Zum Schluss verabschiedete ich mich und machte mich zur Koppel auf, wo Bright Spring grasen sollte. Ich fand sie und führte sie zurück in ihre Box, gab ihr ebenfalls eine Karotte, einen Apfel und frisches Heu und Wasser. Danach streichelte ich mein Mäuschen noch ein wenig und verabschiedete mich. Nun holte ich mein Fahrrad aus dem Radständer und fuhr nach Hause. Ich räumte noch etwas auf, saugte Staub und steckte meine Wäsche in die Waschmaschine. Dann stellte ich meinen Wecker und ging ins Bett. Fürs Fernsehen hatte ich keine Zeit mehr.