Nun war die Zeit gekommen. Das letzte Mal wachte ich in meinem Zimmer auf. Bald sollte ich in die Nähe des Hofs in ein kleines Häuschen ziehen. Wie immer klingelte der Wecker. Doch heute schreckte ich hellwach hoch. Schnell holte ich mir eine dunkle Reithose und einen wärmeren Pulli. Heute war es bewölkt und etwas kühler als in den letzten Tagen. Traurig ging ich hinunter und aß mein Frühstück. Nachdem ich fertig war, holte ich einige Karotten und einen Apfel. Carlos sollte heute mehr Leckerlies als sonst bekommen. Bald wollte ich mir ein Pferd kaufen, mit dem ich bei Tunieren weiterkommen wollte und das wirklich gut zu mir passte. Klar, ich mochte Carlos und wir passten auch gut zusammen, aber ich wollte ein richtiges Tunierpferd. Und trotzdem fiel mir der Abschied schwer. Schweren Herzens ging ich zu seiner Box. Heute wollte ich mit ihm nicht Springen oder Dressur üben. Nein. Ich wollte einfach ohne Sattel und Zaumzeug mit ihm auf dem großen Außenreitplatz reiten. So konnte ich ihn noch einmal unter mir fühlen. Ich holte Carlos aus seiner Box und ging mit ihm zum Innenputzplatz. Als er angebunden war, ging ich noch in die Kammer für Alles und holte seinen Putzkasten. Wieder lies ich mir besonders viel Zeit beim Putzen. Carlos bekam heute andere Zöpfe als sonst. Ich flocht ihm ganz normale Zöpfe. Danach machte ich aus den einzelnen Zöpfen eine andere Art von einem spanischen Zopf. Den Schweif lies ich offen. Als ich den Putzkasten wieder zurückbrachte, holte ich gleich noch einen weiteren Führstrick. Dann nahm ich Carlos und eine Aufstieghilfe mit. Am Außenreitplatz angekommen, machte ich das Gatter zu, lies Carlos los und stellte die Aufstieghilfe ab. Als ich wieder aufschaute stand mein Liebling am Rand und kaute genüsslich am dort wachsenden Gras. Ich griff nach seinem Führstrick und ging wieder zurück zum Gatter. Dort machte ich noch den zweiten Strick an seinem Halfter an. Dann stieg ich auf das kleine Leiterchen und saß schon auf ihm drauf. Nach einem kleinen Schenkeldruc ging er schon vorwärts. Ich liebte es, mit ihm ohne Sattel zu reiten. Mittlerweile vertraute er mir sehr. Ich ritt einige ganze Bahnen, bevor ich durch die ganze Bahn wechselte. Dann kam der Zirkel und die Volte. Nun war er warm und ich konnte in den Trab wechseln. Ich spürte jeden Muskel, der sich anspannte und wieder entspannte. Es war ein herrliches Gefühl. Meine Lieblingsgangart war immer noch der Galopp. Man fühlte sich frei und die Gedanken konnten frei sein. Aber lange hielt mein Süßer das Galoppieren nicht durch. Er fing an schwer zu schnaufen. Ich lies ihn traben. Im Trab war es leicht, das Gleichgewicht zu halten. Dann wurde er langsam müde und ich lies ihn wieder in seinen gemütlichen Schritt gehen. Aber Carlos durfte nicht stehen bleiben. Als er wieder fiter war, lies ich ihn wieder traben. Und wieder ritt ich einige Hufschlagfiguren mit ihm. Nun ritt ich zum Gatter und stieg ab. Ich gab ihm eine Karotte und kraulte ihn hinter den Ohren. Dann machte ich den zweiten Führstrick ab und ging noch einige Runden mit ihm. Nun kam mir eine Idee: Wie sehr vertraute mir Carlos? Ich machte seinen übrigen Strick ab, wandte ihm den Rücken zu und ging von ihm weg. Mein Liebling ging mir einfach hinterher. Er folgte mir auch als ich meine Leckerlitasche zur Aufstieghilfe legte. Ich fing an schneller zu laufen. Wieder folgte er mir. Schon als ich rannte, folgte er mir. Er musste mich wirklich gern haben. Jetzt musste ich aber wieder gehen, damit er trocken wurde. Ich genoss diese letzten Stunden mit ihm. Seinen Strick befestigte ich wieder an der einen Seite seines Halfters. Gleich ging ich mit ihm wieder zum Putzstand zurück. Die Tasche hängte ich mir über und nahm die Aufstieghilfe mit. Wieder in den Stallungen putzte ich noch eimal sein Fell und kratzte noch einmal seine Hufe aus. Dann wollte ich ihn noch auf die Koppel führen, aber er regnete schon. Also musste ich Carlos in seine Box. Ich sah auf die Uhr: Es war erst vier Uhr Nachmittags. Es war noch Zeit für das Stallausmisten. Carlos sollte es ja schön haben. Als ich fertig war, ging ich in mein Zimmer um zu duschen und noch einige Kartons zu packen. Es war noch gar nicht so lange her, als ich hier in dieses Zimmer eingezogen war. Nach dem Abendessen schaute ich noch etwas mit den anderen Hofmitgliedern fern und ging dann in mein Bett.